Die Rangverhältnisse haben im Unterhaltsrecht eine zentrale Bedeutung. Sie wirken sich immer dann aus, wenn zu viele Unterhaltsberechtigte ihren Bedarf aus einem zu geringen Einkommen des Pflichtigen decken wollen.
Der Rang regelt die Leistungsfähigkeit.
Ziel des Gesetzes ab 01.01.2008 war eine Stärkung des Kindesunterhalts. Der Unterhalt minderjähriger, unverheirateter Kinder soll der Vorrang vor allen anderen Unterhaltsansprüchen zustehen, weil die Kinder als wirtschaftlich schwächste Mitglieder der Gesellschaft in der Regel nicht für ihren eigenen Unterhalt sorgen können.
Übersicht über die Änderung der Rangfolge ab 01.01.2008:
Reicht das Einkommen des Unterhaltspflichtigen nach Abzug des Selbstbehalts nicht für alle Ansprüche aus, wird die Rangfolge der Ansprüche wichtig.
Bisherige Rangfolge
|
1. Rang |
|
minderjährige Kinder |
geschiedener Ehegatte |
aktueller Ehegatte |
|
2. Rang |
|
|
nicht verheirateter Partner, der Kinder betreut |
|
Neue Rangfolge
|
1. Rang |
|
|
minderjährige Kinder |
|
|
2. Rang |
|
geschiedener Ehegatte, der Kinder betreut |
aktueller Ehegatte, der Kinder betreut |
nicht verheirateter Partner, der Kinder betreut |
geschiedener Ehegatte nach langer Ehe |
|
3. Rang |
|
|
geschiedener Ehegatte nach kurzer Ehe |
|
Der unterhaltsrechtliche Rang ist zwingendes Recht und kann weder durch Parteivereinbarung noch durch gerichtliche Entscheidung verändert werden. Allerdings bleibt ein Verzicht auf die Rechte aus der gesetzlich vorgegebenen Rangstellung durch Parteivereinbarung auch nach neuen Recht zulässig - allerdings nur in dem Umfang, wie auf den Unterhaltsanspruch verzichtet werden kann.
Eine vor Rechtskraft der Ehescheidung getroffene Vereinbarung zum nachehelichen Unterhalt bedarf der notariellen Beurkundung, die nur im Scheidungsverfahren durch eine gerichtliche Protokollierung ersetzt werden kann.
Übergangsregelungen
Das neue Recht gilt vom 01.01.2008 an auch für alle Altfälle - mit Ausnahme der vor dem 01.07.1977 geschiedenen Ehen. Die neue Rangfolge betrifft daher unmittelbar alle Mangelfälle, in denen gleichrangiger Kindes- und Ehegattenunterhalt geregelt worden ist. Da in diesen Fällen regelmäßig eine Herabsetzung des Kindesunterhalts unter den Mindestunterhalt verbunden war, besteht somit ein großer Anpassungsbedarf.
Eine Anpassung der alten Unterhaltstitel kann nach § 36 Nr. 1 EGZPO verlangt werden, soweit die Voraussetzungen für eine Abänderung im Sinne des § 323 ZPO gegeben sind. Gerade im Hinblick darauf, dass der Mindestunterhalt der minderjährigen Kinder gesichert sein muss, wird insoweit eine Prüfung der alten Unterhaltstitel vonnöten sein.
Der Gesetzgeber hat festgehalten, dass bei der Anpassung von Unterhaltsansprüchen nicht von einer schematischen Grenze ausgegangen werden kann. Der Gesetzgeber spricht in diesem Zusammenhang von einer so genannten Zumutbarkeitssperre. Die Abänderung muss dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens auf die getroffene Regelung auch zumutbar sein. Dies gilt nicht nur bei einer Kürzung von Ansprüchen, sondern kann auch in Betracht kommen, wenn sich der Schuldner dem Verlangen nach einer Erhöhung ausgesetzt sieht. Mehrleistungen beim Kindesunterhalt sind - insbesondere in den neuen Ländern - teilweise erheblich. Sie häufen sich bei mehreren Kindern. Bei der Sicherung des Mindestunterhalts der Kinder werden die Zumutbarkeitshürden von den Gerichten nicht sehr hoch gelegt werden. Ob gegebenenfalls wirtschaftliche Entscheidungen leistungsmindernd zu berücksichtigen sind, wenn im Vertrauen auf den Bestand von getroffenen Unterhaltsregelungen Verbindlichkeiten begründet worden waren, die sich nicht kurzfristig ändern lassen, wird der Einzelfall klären müssen.
Wichtig sind in diesem Zusammenhang die Kürzung der Unterhaltsansprüche von betreuenden Elternteilen, die nunmehr mit einer Kürzung ihrer Ansprüche oder gar dessen völligen Wegfall rechnen müssen. Bei Abänderung dieser Fälle haben grundsätzlich die minderjährigen Kinder den Vorrang, dieser Vorrang geht dem gewährten Vertrauensschutz vor.
Es lohnt sich mithin, alte Unterhaltstitel überprüfen zu lassen, lassen Sie sich beraten.
Weitere Informationen erhalten Sie von:
Rechtsanwältin & Mediatorin Sigrid Pruss
Reinhardtstr. 29c
10117 Berlin (Mitte)
Tel: +49 (0)30 257 626 32
Fax: +49 (0)30 257 626 33
eMail:
kanzleira-pruss.de